Der verborgene Preis hinter der Selbstständigkeit
Die meisten Menschen sehen nur das sichtbare Ergebnis eines erfolgreichen Unternehmens: eine Software, ein Produkt, eine Dienstleistung – oder vielleicht einen schicken Firmenwagen. Doch was oft vergessen wird, ist der unsichtbare Teil der Gleichung: der Preis des Unternehmertums.
Im aktuellen Podcast von Die Unternehmer widmen sich Alex und Dirk genau dieser Thematik. Es geht um Opportunitätskosten, psychologische Belastungen, finanzielle Risiken – aber auch um die Freiheit und Selbstbestimmtheit, die Unternehmertum mit sich bringt.
1. Was sind Opportunitätskosten – und warum sind sie so entscheidend?
In der Wirtschaft meint man mit Opportunitätskosten den entgangenen Nutzen der nächstbesten Alternative. Für Unternehmer heißt das: jede Stunde, die man in sein eigenes Projekt steckt, könnte man auch bezahlt in einem Angestelltenverhältnis verbringen.
Beispiel von Dirk:
„Ich habe über 400 Stunden in mein neues Projekt programmiert. Wenn ich dafür meinen üblichen Tagessatz berechnet hätte, wären das rund 60.000 € gewesen – reine Arbeitszeit, ohne Garantie auf einen Cent Rückfluss.“
Rechenbeispiel: Opportunitätskosten eines Entwicklers
Tätigkeit | Stunden | Tagessatz (€) | Opportunitätskosten (€) |
---|---|---|---|
Bot-Entwicklung | 400 | 1.500 | 75.000 |
Alternativ: Kundenprojekte | 400 | 1.500 | 75.000 (Einnahmen) |
Ein Unternehmer, der z. B. einen Trading-Bot entwickelt, muss sich fragen:
Wie groß muss mein Gewinn sein, damit sich der Verzicht auf bezahlte Kundenarbeit lohnt?
2. Die unterschätzte Kostenstruktur des Unternehmertums
Viele Gründer unterschätzen, wie viel Umsatz notwendig ist, um ein Einkommen zu erzielen, das mit einem durchschnittlichen Angestelltengehalt vergleichbar ist.
Tabelle: Was ein Unternehmer wirklich verdienen muss (Beispiel Deutschland)
Kostenposition | Betrag pro Monat (€) |
---|---|
Netto-Gehalt (gewünscht) | 3.000 |
Steuern & Sozialabgaben | 2.000+ |
Krankenversicherung (privat) | 800–1.000 |
Büro, Ausstattung, IT | 1.000–2.000 |
Rücklagen & Versicherungen | 1.000 |
Benötigter Umsatz | 15.000–20.000 |
Zitat Alex:
„Viele unterschätzen, wie viel sie verdienen müssen, um als Selbstständiger das Gleiche wie in der Anstellung rauszubekommen.“
3. Psychologische Kosten: Angst, Druck, Unsicherheit
Nicht nur finanziell, auch psychologisch fordert Unternehmertum seinen Preis:
- Ständiger Erfolgsdruck („Wenn ich heute nichts verdiene, kann ich in 3 Monaten meine Miete nicht zahlen“)
- Keine echte Erholung („Selbst im Urlaub läuft der Kopf weiter“)
- Ständiges Risiko und Unsicherheit
Zitat Dirk:
„Ich war am Anfang so unter Druck, dass ich dachte: Wenn ich heute keinen Abschluss mache, ist alles vorbei – dabei hatte ich genug Rücklagen. Aber der Kopf tickt anders.“
Diese mentale Last wird in der Außenwirkung oft nicht sichtbar, ist aber einer der häufigsten Gründe, warum Selbstständige wieder in die Anstellung wechseln.
4. Unternehmerlohn: Kalkulation, die viele vergessen
Ein wichtiger betriebswirtschaftlicher Begriff ist der kalkulatorische Unternehmerlohn – also das, was der Unternehmer sich zahlen müsste, um „wie ein Mitarbeiter“ bezahlt zu sein.
Doch gerade in der Startphase fließt oft:
- kein Lohn
- keine Rücklagen
- kein Gewinn
Alles wird reinvestiert. Wer das dauerhaft nicht berücksichtigt, lebt unterhalb seines eigentlichen Marktwerts.
Zitat Alex:
„Die Realität ist: Selbst wenn du 10.000 Euro Umsatz machst, bleibt davon mitunter weniger übrig als beim Angestellten mit 3.000 Euro netto – gerade, wenn du Rücklagen, Versicherungen und Ausfallzeiten mitrechnest.“
5. Status und Außenwirkung: Mehr Schein als Sein?
Ein weiteres Thema: Wie viel Status braucht ein Unternehmer – und für wen?
Viele Geschäftspartner (vor allem international) erwarten einen gewissen Standard:
- Business Class Flüge
- Hochwertige Kleidung
- Repräsentative Büros
- Hochwertiger Firmenwagen
Das kann helfen, Vertrauen zu schaffen – aber es sind ebenfalls Kosten, die sich nicht direkt monetarisieren lassen.
Zitat Dirk:
„In China würde es mein Kunde nicht verstehen, wenn ich Economy fliege. Für ihn ist Business Class ein Zeichen von Seriosität.“
Gleichzeitig herrscht besonders in Deutschland ein ambivalentes Verhältnis zu Reichtum:
- Wer erfolgreich wirkt, wird schnell beneidet.
- Wer sich zurückhält, wirkt nicht erfolgreich genug.
6. Unternehmer vs. Angestellter: Ein ehrlicher Vergleich
Merkmal | Unternehmer | Angestellter |
---|---|---|
Einkommen | Variabel, potenziell sehr hoch | Stabil, begrenzt durch Gehalt |
Risiko | Hoch (Haftung, kein Kündigungsschutz) | Niedrig |
Freizeit | Schwer abzugrenzen | Vertragsgebunden |
Sicherheit | Gering, außer Rücklagen vorhanden | Sozialversicherung |
Psychische Belastung | Hoch (Eigenverantwortung) | Mittel (Abhängig vom Job) |
Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten | Hoch | Gering |
Freiheit | Hoch | Eingeschränkt |
Potenzial auf Vermögensaufbau | Hoch (z. B. Firmenwert, Exit) | Gering bis mittel (Sparen) |
7. Unternehmeralltag: Zwischen Eigenverantwortung und Selbstdisziplin
Was viele nicht sehen: Unternehmer zu sein, heißt auch konsequent diszipliniert zu handeln – oft ohne „äußeren Druck“. Es gibt niemanden, der mahnt, delegiert oder die Arbeit abnimmt.
Zitat Dirk:
„Ich muss mich nicht rechtfertigen, wenn ich um 10 Uhr ins Büro komme. Aber ich merke es spätestens am Monatsende.“
8. Lifestyle-Falle: Warum echte Unternehmer selten protzen
Ein spannender Exkurs im Podcast dreht sich um Markenkonsum und Statussymbole. Dabei wird klar: Wahrer Reichtum zeigt sich selten durch Logos.
Zitat Alex:
„Die teuersten Louis Vuitton T-Shirts erkennt man nicht – sie tragen kein Logo. Wer sichtbar Marken trägt, ist meist eher Konsument als Vermögensinhaber.“
Auch ein Zeichen dafür, wie selbstbewusste Unternehmer mit Geld umgehen: pragmatisch, langfristig, oft bescheiden.
9. Versicherung, Recht & Pflichtkosten: Die unsichtbaren Preistreiber
Besonders bei B2B-Projekten sind teure Versicherungen Voraussetzung, z. B.:
- Berufshaftpflicht (IT, Beratung)
- Vermögensschaden-Haftpflicht (z. B. für Finanzberater)
- Betriebshaftpflicht (für Handwerker, Bauunternehmer etc.)
Beispiel:
Eine Agentur braucht eine Haftpflichtversicherung mit 15 Mio. € Deckungssumme → Kosten: ca. 1.500–2.500 € pro Monat
Solche Fixkosten müssen mit einkalkuliert werden – und machen kleinere Projekte oft unwirtschaftlich.
10. Warum tun sich Menschen das alles an? Die Antwort: Freiheit & Sinn
Bei aller Kritik und Belastung: Unternehmer zu sein ist für viele nicht nur ein Job – es ist Berufung.
Vorteile des Unternehmertums:
- Freiheit in Zeit und Ort
- Gestaltungsspielraum
- Keine unnötigen Meetings & Bürokratie
- Potenzial zum Vermögensaufbau
- Stolz auf das eigene Werk
Zitat Dirk:
„Wenn ich einen Monat gut abschließe, weiß ich: Das war meine Leistung. Kein Chef, kein Konzern. Ich. Das ist ein unglaubliches Gefühl.“
🔁 Zusammenfassung: Unternehmertum – Freiheit mit Preisetikett
Was sind die realen Kosten des Unternehmertums?
- Opportunitätskosten (was du stattdessen verdienen würdest)
- Hohe Fixkosten (Krankenversicherung, Steuern, Büro, Technik)
- Psychologische Belastung (Druck, Unsicherheit)
- Zeitaufwand (oft mehr als 40 Stunden/Woche)
- Repräsentationskosten (Auto, Reisen, Kleidung)
Aber auch:
- Gestaltungsfreiheit
- Unabhängigkeit
- Langfristiger Vermögensaufbau
- Sinn & Motivation
💬 Diskussion erwünscht
Was sind eurer Meinung nach die größten Herausforderungen des Unternehmertums?
Seid ihr selbständig? Wollt ihr es werden? Was hält euch zurück – oder was hat euch motiviert?
Kommentiert, teilt, diskutiert.
Häufige Fragen zur Selbstständigkeit und den damit verbundenen Kosten
Was sind Opportunitätskosten in der Selbstständigkeit?
Opportunitätskosten sind der entgangene Nutzen der nächstbesten Alternative, z. B. das Einkommen, das man hätte verdienen können, wenn man seine Zeit in einem Angestelltenverhältnis verbracht hätte.
Welche psychologischen Kosten entstehen durch Selbstständigkeit?
Psychologische Kosten beinhalten Stress, Angst vor Misserfolg und ständigen Druck. Unternehmer müssen oft mit Unsicherheiten und der Verantwortung für ihr eigenes Einkommen umgehen.
Wie wichtig ist der kalkulatorische Unternehmerlohn?
Der kalkulatorische Unternehmerlohn ist entscheidend, da er das Einkommen widerspiegelt, das ein Unternehmer sich selbst zahlen müsste, um den Lebensstandard eines Angestellten zu erreichen.
Welche Fixkosten sind für Selbstständige besonders hoch?
Zu den hohen Fixkosten gehören Krankenversicherungsbeiträge, Steuern, Büro- und Betriebskosten sowie Rücklagen für Versicherungen und andere unvorhergesehene Ausgaben.
Was sind die Vorteile der Selbstständigkeit?
Die Vorteile umfassen unter anderem die Freiheit, die eigene Zeit zu gestalten, die Möglichkeit der Selbstverwirklichung, sowie das Potenzial für langfristigen Vermögensaufbau.